Dr. Walkenhorst im Jahr 2013 - Foto: Forstamt Hanau-Wolfgang) -
Hanau. Er hat sich über weit über 30 Jahre vehement für das Bestehen des Waldes, für die Natur in einem von Siedlung, Verkehr, Industrie und Menschen geprägten Ballungsraum, für die Interessen des Forstes im besten Sinne eingesetzt. Nun ist Dr. Reinhard Walkenhorst, von 1968 bis 1991 Leiter des Forstamts Wolfgang - wie es bis zur Reform 2005 hieß - hochbetagt kurz nach seinem 89. Geburtstag verstorben.
Sein Sichtweise auf den Wald war damals hochmodern und sie ist heute noch gültig: der Wald ist im Ballungsgebiet Rhein-Main nicht nur für die Holzproduktion da, sondern hat ebenso große Bedeutung als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, darunter viele gefährdete Arten, und ist unverzichtbar als Fläche für Freizeit, Erholung und Entspannung der Menschen. So war es nur konsequent, dass Dr. Walkenhorst sich mit aller Kraft entschlossen gegen den Ausbau von A 45 und 66 mit den Autobahnkreuzen und -dreiecken stemmte, die mitten durch vormals geschlossene ökologisch wertvolle Waldgebiete, darunter bedeutsame Auewälder führen sollten. Dabei scheute er nicht den Konflikt mit übermächtigen Interessen. Es gelang ihm zwar nicht, den Bau zu verhindern, aber sein Einsatz trug dazu bei, dass große Waldflächen gerettet wurden, die uns Heutigen mit allem, was Wald bedeutet, zur Verfügung stehen.
Dr. Walkenhorst kämpfte um Aufmerksamkeit für die immer offensichtlicheren Waldschäden durch Verkehrs- und Industrieimmissionen in den 80er Jahren ("Saurer Regen"). Und er war in vorderster Front dabei, als Naturschutz als politisches Ziel ins öffentliche Bewusstsein kam: er kritisierte das ungehemmte Zubauen der freien Landschaft mit Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen, er setzte sich für den Schutz wertvollsten Biotope ein. Das tat er in seinen Funktionen als langjähriger Umweltschutzbeauftragter der Stadt Hanau (1978 bis 2001), als stellvertretender Vorsitzender und später als Vorsitzender des Naturschutzbeirats der Stadt, in der "Lokalen Agenda 21" - Funktionen, die er auch nach seiner Pensionierung selbstverständlich weiterführte und erst mit seinem 75. Geburtstag niederlegte.
Reinhard Walkenhorsts Wirken wurde weithin anerkannt: er erhielt 2003 die Ehrenplakette in Silber der Stadt Hanau, 2006 den Landesehrenbrief für sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement, das weit über den Naturschutz hinaus reichte.
Dabei war es Reinhard Walkenhorst nicht in die Wiege gelegt, in der Region um Hanau so konsequent für Wald und Natur zu kämpfen. Denn aus dem niedersächsisch-hessischen Grenzgebiet stammend, noch als Jugendlicher in den Krieg geschickt, studierte Walkenhorst Forstwissenschaften an der Universität Göttingen. Nach dem Referendariat in der niedersächsischen Landesforstverwaltung kam er schließlich nach Hessen und forschte zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Dr. Hermann Messer, seinem Vorgängers im Forstamt Wolfgang, an Verbesserungen der Aufbereitung und Keimung von Baumsamen. Auf eine Zwischenstation an der Oberfinanzdirektion in Frankfurt folgend wurde er dann aufgrund seiner Spezialkenntnisse über Baumsaatgut zum Leiter des Forstamts Wolfgang berufen. Dieses war (und ist) über die forstliche Fachwelt hinaus für sein nun bald 200 Jahre bestehendes Forstsaatgutzentrum, die Samendarre Wolfgang, bekannt.
Reinhard Walkenhorst trieb in seiner neuen Verantwortung die praxisorientierte Forschung an der Samendarre weiter, um die Aufbereitung von Baumsaatgut effizienter und schonender zu gestalten. Als sich in den späten 70er und den 80er Jahren ein Umsteuern in der Forstwirtschaft zu mehr Laubholz und zu Mischwäldern andeutete, richtete er seine Energie darauf, für die Ernte und die Aufbereitung von Bucheckern und Saatgut anderer Laubbaumarten neue Maschinen und Verfahren zu entwickeln, insbesondere um dieses Saatgut für eine mehrjährige Lagerung vorzubereiten, ohne dass wesentliche Verluste an Keimfähigkeit eintraten. Bei diesen Forschungen kooperierte er eng und erfolgreich mit nationalen und internationalen Wissenschaftlern und Institutionen. Die Tagungen der Leiter der Saatgutzentren sind heute noch legendär. Auch die Vorbereitungen für den Bau der "neuen" modernen, für die Bearbeitung aller heimischen Baumarten ausgerichteten Samendarre gehen auf das Konto von Dr. Reinhard Walkenhorst.
Zu den Aufgaben des Forstamts Wolfgang kam die Verantwortung für den Wildpark "Alte Fasanerie" in Klein-Auheim. Reinhard Walkenhorst setzte sich, auch wenn er nur geringe Mittel zur Verfügung hatte, intensiv für die Entwicklung des Wildparks als regionales Ausflugsziel, den Ausbau der Tiergehege und eine nach damaligen Ansprüchen wesentlich verbesserte Infrastruktur des Wildparks ein. Mit diesem Ziel arbeitete er auch für 15 Jahre im Vorstand des Wildpark-Fördervereins mit.
Zum Ende seiner aktiven Dienstzeit erlebte der Forstmann, der es sich zum Ziel gemacht hatte, seine Aufgabengebiete konsequent, aber stetig zu gestalten, mit dem großen Sturm "Wiebke" vom März 1990 eine Katastrophe für den Wald in der ganzen Region. Im Forstamtsbereich wurden 150.000 Kubikmeter Holz geworfen, riesige Kahlflächen entstanden und die eingeleitete Umbauarbeit zu vielfältigeren Mischwäldern wurde jäh unterbrochen. Die Kahlflächen mussten unter immensem Aufwand wieder aufgeforstet werden und sie sind erst heute, 25 Jahre später, wieder zu geschlossenem jungem Wald geworden.
Die Wertschätzung seiner Persönlichkeit und seiner Leistungen bei den vorgesetzten Dienststellen und politisch Verantwortlichen spiegelt sich in seiner Beförderung zum "Leitenden Forstdirektor" wider, die die damalige hessische Landwirtschaftsministerin persönlich durchführte, sowie in der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes anlässlich Dr. Walkenhorsts Pensionierung, welche der Staatssekretär des Landwirtschaftsministeriums vornahm.
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand blieb Dr. Reinhard Walkenhorst nicht nur durch sein Engagement im Naturschutz, sondern auch sein Interesse an der Forstwirtschaft, insbesondere am Forstsaatgut dem Wald und der Forstbranche verbunden. Er überließ das Feld des Handelns seinen Nachfolgern, zeigte aber mit seiner liebenswürdigen Wesensart unvermindert sein Interesse am Fortgang der Dinge im Wald, die ihm sein Leben lang am Herzen gelegen hatten und die für ihn Triebfeder dafür waren, sich im internen Betrieb des Forstamts Wolfgang wie nach außen so engagiert einzusetzen. (Forstamt Hanau-Wolfgang)